|

|
Für mobile
Geräte
|
Durch Sonderregeln kein abrupter Einkommensverlust bei Beginn der
Sozialversicherungspflicht

Der Übergangsbereich:
Besonderheiten bei einem Einkommen vom 450,01 bis 1300 Euro
Aus der Gleitzone wurde zur Jahresmitte 2019 der Übergangsbereich
Überschreitet das Einkommen aus unselbständiger Arbeit den
Betrag von 450 Euro, beginnt die Sozialversicherungspflicht des
Einkommens. Vom Einkommen sind dann Beiträge für die Kranken-,
Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung abzuführen.
Der Arbeitgeberanteil ist neben dem Lohn, von dem die Arbeitnehmeranteile
und Lohnsteuer abzuführen sind, eine zusätzliche Leistung des
Arbeitgebers.
Grundsätzlich tragen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer die
Sozialversicherungsbeiträge zur
Hälfte. Muss ein Arbeitnehmer bei einem Einkommen bis zu 450 Euro in
der Regel keine Pflichtbeiträge abführen, ändert sich dies
mit Passieren der 450-Euro-Grenze. Eine geringfügige Lohnerhöhung
könnte dann unliebsame Konsequenzen haben. Um eine Beschäftigung
auch im niedrig entlohnten Sektor interessant zu machen, gibt es
seit dem 1. April 2003 eine Sonderregelung für die Gleitzone. Seit dem
1. Juli 2019 verwendet man den Begriff
„Übergangsbereich“ und die Obergrenze
für diese die Arbeitnehmer begünstigenden Regeln wurde auf 1.300
Euro heraufgesetzt. Davor lag die Höchstgrenze bei 850 Euro bzw. erstreckte sich von April 2003 bis Ende 2012 auf
Einkommen von 400,01 bis 800 Euro (§ 20
Absatz 2 Viertes Sozialgesetzbuch [SGB IV]; auch Midi-Jobs genannt).
Im Übergangsbereich wird der
Beitragsbemessung auf Seiten des Arbeitnehmers ein
geringeres als das tatsächlich erzielte Einkommen zu Grunde gelegt,
so dass die Beiträge niedriger ausfallen als bei der Anwendung der
allgemeinen Regeln. Der Anteil des Arbeitnehmers steigt aber (in absoluten
Zahlen) bis 1.300 €, wo die volle Parität der beiden
Anteile wiederhergestellt ist. Die Beiträge belaufen sich 2020
in der Krankenversicherung auf 14,6%, in der Pflegeversicherung auf 3,05%,
in der Arbeitslosenversicherung auf 2,4% (befristet bis Ende
2022) und in der Rentenversicherung auf 18,6% (zusammen 38,65%).
Hinzu kommt bei den meisten gesetzlich Krankenversicherten ein
kassenindividueller Zusatzbeitrag, dessen durchschnittliche
Höhe 1,1% ab Jahresanfang 2020 beträgt, so dass für die
Krankenversicherung insgesamt ein Betrag in Höhe von 15,7% des
Bruttoeinkommens aufzuwenden ist. Seit Jahresanfang 2019 wird der
Zusatzbeitrag zu gleichen Teilen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer
finanziert.
Der Weiterentwicklung der früheren
Gleitzone zum Übergangsbereich bis 1.300 Euro durch das
Rentensierungsgesetz stimmte der Bundestag mit den Stimmen der
Großen Koalition am 8. November 2018 zu.
Anzeigen
Kurzgefasst:
Der Übergangsbereich
-
Betrifft Arbeitseinkommen von mehr als 450 bis 1.300 Euro.
-
Zweck: Soll das Überschreiten der
Geringfügigkeitsgrenze (Minijobs) attraktiver machen, da
sonst Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Beiträge zur
Sozialversicherung zu gleichen Teilen tragen müssten und
bei einem etwas über 450 Euro liegendem Bruttogehalt der
Arbeitnehmer übermäßig mit Sozialabgaben belastet
würde. (Bei Minijobs trägt diese der Arbeitgeber).
-
Die zunächst niedrigeren Sozialabgaben des Arbeitnehmers
steigen mit zunehmendem Einkommen. Bei einem Bruttogehalt
von 1.300 Euro ist die hälftige Finanzierung
der Sozialabgaben wieder erreicht.
-
Bis Ende Juni 2019 sprach man von der „Gleitzone“,
die Einkommen von mehr als 450,- Euro bis 850 Euro umfasste. Die
Regelungen zur Gleitzone wurden zum 1. April 2003
eingeführt. Bis Ende 2012 erstreckte sich die Gleitzone von
400,01 bis 800 Euro.
-
Keine Nachteile bei der Rente: Seit Juli 2019 mindern
die niedrigeren Rentenbeiträge der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im
Übergangsbereich nicht die
Rentenansprüche. Obwohl der oder die
Versicherte niedrigere Beiträge entrichtet, werden
Rentenansprüche erworben, als seien nach den
allgemeinen Regeln höhere Beiträge entrichtet worden.
-
Die Gleitzone ist nicht auf Berufsausbildungsverhältnisse
anwendbar.
Anzeigen
In der Sozialversicherung werden die
Beiträge zu gleichen Teilen (paritätisch) von Arbeitgeber und
Arbeitnehmer finanziert. Das gilt seit Jahresanfang 2019 auch für den
Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Bei der Pflegeversicherung gibt es hinsichtlich der paritätischen
Finanzierung eine Ausnahme für Sachsen: hier tragen der Arbeitnehmer
2,025% und der Arbeitgeber 1,025% (dafür ist dort der Buß- und
Bettag noch gesetzlicher Feiertag). Ab 2005 müssen Kinderlose ab 23
Jahren auch noch einen Zuschlag von 0,25% zur Pflegeversicherung entrichten.
Beispiel: Ein Arbeiter verdient monatlich 2.000 € brutto. Der Beitrag
zur Rentenversicherung beläuft sich dann auf 372 €, wovon der
Arbeitnehmer die Hälfte, also 186 € trägt, die ihm vom Lohn
abgezogen werden. Die restlichen 186 € leistet der Arbeitgeber
zusätzlich zum Bruttolohn.
Bei der Rentenversicherung hat die
Zugrundelegung eines geringeren als des tatsächlich erzielten Lohns
seit Juli 2019 keine leistungsmindernde Wirkung mehr, das heißt es
werden durch die Sonderregelung keine niedrigeren Rentenansprüche
erworben. Das war davor anders. Betroffene Arbeitskräfte konnten aber
durch schriftliche Erklärung gegenüber dem beschäftigenden
Unternehmen erklären, dass das tatsächlich gezahlte Arbeitsentgelt
als beitragspflichtige Einnahme gelten sollte, auf das dann der allgemeine
Beitragssatz in der Rentenversicherung angewendet
wurde. Die neue, abhängig Beschäftigte begünstigende Regelung
gilt jetzt auch für diejenigen, die nach dem früheren Recht eine
solche Erklärung abgegeben hatten, die frühere Erklärung ist
jetzt gegenstandslos (§ 70 Absatz 1 a SGB VI, Artikel 1 Nr. 4 und 9
Rentenversicherung-Leistungsverbesserungs- und
Sabilisierungsgesetz, Bundestags-Drucksache 19/4668 S. 32 und 5).
Wie
sind in der Gleitzone die Sozialversicherungsbeiträge auf
Arbeitnehmer und Arbeitgeber verteilt?
Der Arbeitgeber zahlt zunächst wie sonst auch die Hälfte der
Sozialversicherungsbeiträge. Der Arbeitnehmeranteil
steigt vom Beginn der Gleitzone an bis zur Hälfte der
Sozialversicherungsbeiträge. Bei einem geringen Arbeitsentgelt, das
nur wenig über der 450 €-Grenze liegt, zahlt somit der
Arbeitgeber den größten Teil der Beiträge. Bei der
Berechnung wird am Beginn der Gleitzone ein
Gesamtsozialversicherungsbeitrag von 25% unterstellt, obwohl er
lange Zeit bei über 40% lag. Im Jahr 2020 beträgt der
durchschnittliche Gesamtsozialversicherungsbeitrag 39,75%
(Rentenversicherung 18,6%, Krankenversicherung 15,7 %
einschließlich des durchschnittlichen Zusatzbeitrages von 0,9%,
Pflegeversicherung 3,05% und Arbeitslosenversicherung 2,4%
).
Wie wird das
Bemessungsentgelt in der Gleitzone berechnet?
Hierfür wird folgende Formel verwendet:
Bemessungsentgelt =

dabei sind
AE = das monatliche Arbeitsentgelt
F = ein Faktor, der sich ergibt, wenn die Pauschalabgabe bei
geringfügiger Beschäftigung (ab Juli 2006 30%, davor 25%) durch
den durchschnittlichen Sozialversicherungsbeitrag aller Versicherten (im
Jahr 2020: 39,75%) dividiert wird. Der Faktor F beträgt im Jahr 2020
0,7547 (2019: 0,7566, 2018: 0,7547, 2017: 0,7509, 2016: 0,7547, 2015:
0,7585, 2014 und 2013: 0,7605).
Beispiel: Ein Arbeitnehmer verdient monatlich 650 €. Für die
Berechnung der
Sozialversicherungsbeiträge wird
nicht das tatsächliche Einkommen von 650 € zugrunde gelegt,
sondern 565,59 €.
Vor 2013 lautete die Formel:
Bemessungsentgelt = F x 450 + [(2 – F) x (AE – 450)].
Wie
berechnet sich der Sozialversicherungsbeitrag?
Der
Gesamtbeitrag errechnet sich
wie nachstehend:
Gesamtbeitrag = Bemessungsentgelt x Gesamtsozialversicherungsbeitrag.
Bei einem Einkommen von 650 € und einem Beitragssatz in der
Krankenversicherung von 14,6 % wären das aufgerundet 224,82 €
(565,59 € * 39,75% inklusive des durchschnittlichen Zusatzbeitrags
für die Krankenversicherung von 1,1 %).
Der Beitrag zu einer bestimmten Versicherungsart (etwa
Rentenversicherung) lässt sich anhand dieser
Formel beziffern:
Gesamtbeitrag
zur Rentenversicherung = Bemessungsentgelt x Beitragssatz des
Versicherungszweiges. Dies wären bei einem Einkommen von 650
€ hinsichtlich des Rentenbeitrages 105,20 € (565,59 * 18,6%).
Wie berechnet sich der
Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung?
Zunächst zahlt der Arbeitgeber die Hälfte des Beitragssatzes.
Arbeitgeberanteil
=
Arbeitsentgelt x ½ Beitragssatz.
Bei einem Gehalt von 650 € und einer Beitragslast von 39,75%
(einschließlich des durchschnittlichen Zusatzbeitrags von
0,9%) wären das 129,19 € ([650 € x 39,75%]/2).
Wie
berechnet sich der Arbeitnehmeranteil?
Der Arbeitnehmeranteil lässt sich aus der Differenz zwischen dem
insgesamt zu zahlenden Beitrag (Gesamtbeitrag) und dem Arbeitgeberanteil
ermitteln.
(Arbeitnehmeranteil
= Gesamtbeitrag – Arbeitgeberanteil). Bei einem Einkommen
von 650 € wären das 95,63 € (224,82 € - 129,19
€ = 95,63 €, in diesem Beispiel ist kein zusätzlicher
Beitrag von 0,25% für Kinderlose zur Pflegeversicherung
berücksichtigt).
Fazit: Die Berechnung ist ziemlich
kompliziert. Man benötigt schon schriftliche Hilfen oder einen PC, um
die Beträge schnell ausrechnen zu können. Zur Erleichterung habe
ich eine Tabelle
im
OpenDocument-Format erstellt (26 KB), mit der sich die
Sozialversicherungsbeiträge ganz leicht errechnen lassen (einfach
Bruttogehalt eingeben und O.K.). Einen Online-Rechner der IKK classic
für die Gleitzone finden Sie hier.
Rechtsgrundlagen: §§ 346 Absatz 1 a SGB III, 249 Absatz 4
SGB V, 168 Absatz 1 Nummer 1 d SGB VI, 58 Absatz 5 SGB XI.
Anzeigen
Studium und Arbeiten:
Als Student ist man hinsichtlich des Einkommens aus Erwerbstätigkeit
versicherungsfrei in der Kranken-, Pflege- und
Arbeitslosenversicherung, wenn das Studium im Vordergrund steht. Dies
ist in der Regel anzunehmen bei einer Beschäftigung von bis zu 20
Stunden wöchentlich während der Vorlesungszeit bzw. ohne
Beschränkung in der vorlesungsfreien Zeit (§ 27 Absatz 4 Nummer 2
SGB III, § 6 Absatz 1 Nummer 3 SGB V, § 20 SGB XI), und zwar bis
zum 25. Fachsemester (laut Rundschreiben der Spitzenverbände der
Sozialversicherungsträger). Bei einer geringfügigen
Beschäftigung gelten die oben genannten Grundsätze. Eine Ausnahme
besteht in der Rentenversicherung: Bei einem Einkommen über 450 €
besteht Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, bei
einem Einkommen bis 450 Euro gelten die Regeln für Minijobs,
es sei denn, es handelt sich um ein nicht vorgeschriebenes Praktikum oder
ein Praktikum ohne Vergütung (§ 172 Absatz 3 SGB VI). Studenten,
die familienversichert sind, behalten diesen Schutz, wenn sie nicht
höhere Einkünfte haben, die regelmäßig ein Siebtel der
monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreiten
(Bezugsgröße 2020: 3.185 EUR, hiervon ein Siebtel: 455 EUR).
Bei einem verpflichtenden Praktikum vor oder nach dem Studium und einer
Vergütung bis zu 325 EUR trägt der Arbeitgeber den
Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein (die Regeln für Minijobs gelten
für diese Praktika nicht, da der Versicherte zur Berufsausbildung
beschäftigt ist, § 20 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 SGB IV), bei einem
Einkommen darüber teilen sich Praktikant und Arbeitgeber hälftig
die Beiträge (die Gleitzonenregelung gilt hier nicht). Bei einem
Praktikum ohne Vergütung ist zu prüfen, ob
Krankenversicherungsschutz über die Familienversicherung besteht.
Teilnehmer von dualen Studiengängen sind ab 2012 während der
gesamten Dauer des Studiengangs als Beschäftigte in der Renten-,
Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig, sie
werden Auszubildenden gleichgestellt (Neuregelung durch Gesetz vom
22.12.2011).
Berufsausbildung und Gleitzone
Die Regelungen für die Gleitzone gelten nicht für Auszubildende
mit einer Ausbildungsvergütung im Bereich der
Gleitzone (Urteil des Bundessozialgerichts vom 15.07.2009 Az. B 12 KR 14/08
R, zweite Instanz: Beschluss des Landessozialgerichts Stuttgart vom
10.06.2008 Az. L 4 KR 6527/06), da es Zweck der Gleitzonenregelung ist, im
Niedriglohnsektor einen Anreiz zur Aufnahme einer Arbeit zu schaffen und es
eines solchen Anreizes bei Berufsausbildungsverhältnissen nicht bedarf.
Letztes Update: 20.08.2020
Durchsuchen
Sie meine Website mit Google:
|
Übersicht: Minijobs (geringfügige
Beschäftigung)
Impressum
Startseite